Zum ersten Mal kommt ein Lyrikband der lettischen Text-Gruppe Orbita in deutscher Sprache heraus. Mit dieser Ausgabe reiht sich edition bodoni in die Orbita-Publikationen ein, die bereits in Englisch, Italienisch, Schwedisch sowie in osteuropäischen Sprachen erschienen sind.
Die Gründungsmitglieder der Gruppe und Autoren dieses Bandes: Artur Punte, Sergej Timofejev, Semen Hanin, Vladimir Svetlov und Zhorzh Uallik leben in Riga, schreiben in Russisch und gehören zur Generation der heute Dreißigjährigen. Sie sehen sich in der vielfach gebrochenen Tradition der russischsprachigen Literatur im baltischen Raum. Im Jahre 1999 vereinten sich fünf Freunde zu einer multimedialen Text-Gruppe, gaben sich den kosmischen Namen Orbita und machten sich zur Aufgabe, die Dichtung in die zeitgenössische Kunstlandschaft zu integrieren. Eines der Orbita-Gründungsmitglieder, Sergej Timofejev, erläutert ihre damalige Haltung wie folgt: »Als wir angefangen haben, hatten die Literaturautoren wenig mit Musikern oder bildenden Künstlern zu tun. Die Literatur schien sogar in einer stolzen Opposition zur gegenwärtigen Kultur zu sein. Wir sind schon unter anderen Umständen aufgewachsen, wir nährten uns von allem: von Video-Kunst, neuen Medien, Autorenfilmen, aber natürlich auch von der zeitgenössischen Dichtung und Musik. Deswegen empfanden wir es als selbstverständlich, das alles zusammenzubringen.« Seit über zehn Jahren gibt Orbita Lyrik- und Kunstbände heraus, erforscht in gemeinsamer Arbeit mit Künstlerkollegen Wesen und Grenzen des Poetischen in multimedialen Installationen und tritt sowohl in ihrem Heimatland als auch auf ost- und westeuropäischen Literaturbühnen auf. Bei all den vielfältigen Kulturaktivitäten von Orbita bleibt dennoch der poetische Text immer der Dreh- und Angelpunkt. Die Mitglieder der Gruppe verstehen sich in erster Linie als Dichter und betonen einerseits, dass das Schreiben eine persönliche und einsame Beschäftigung ist, gleichzeitig aber betrachten sie sich als kreative Gleichgesinnte eines Ganzen. »Alles«, so beschreibt es ein Mitglied der Gruppe, »funktioniert mehr oder weniger ausgewogen: Logik, Emotionen und Wahnsinn.« Die unterschiedlichen Temperamente der Autoren finden sich auch in den Gedichten dieses Buches. Während Artur Punte einen inneren Monolog über die unsichere soziale und politische Wirklichkeit seiner sich im Transitzustand befindenden Heimat führt, zieht sich Semen Hanin in seine intime Welt zurück und horcht, wie die Außenwelt in seiner Seele und seinem Körper widerhallt.
Die Auswahl der Gedichte und ihre ebenbürtige Übertragung aus dem Russischen – für die der deutsche Leser zu danken hat – oblag Viktor Hoffmann, selbst ein Poet und Barde.
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